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Kapitel 11: Hokus Pokus.

Aktualisiert: 26. März 2021


Einer der vertrautesten Texte der Kirche sind wohl die Worte, die Jesus gesagt hat, als er das Abendmahl mit seinen Jüngern eingesetzt hat. Sie begegnen uns in diesem Kapitel und werden seit zwei Jahrtausenden Sonntag für Sonntag in Kirchen auf der ganzen Welt gesprochen.

„In der Nacht in der Jesus verraten wurde, nahm er das Brot, er dankte dafür, brach es in Stücke und sagte: Dies ist mein Leib, der für euch gebrochen wurde. So oft ihr davon esst, ruft euch jedes Mal in Erinnerung, was ich für euch getan habe.“

Für die einen eine heilige Zeremonie, für andere unverständliches Geschehen.

Vielleicht sogar Hokus Pokus.


Interessanterweise hat diese vermeintliche Zauberformel etwas mit dem Abendmahl zu tun. Als der Gottesdienst noch in lateinischer Sprache gehalten wurde und das gemeine Volk allerdings lang kein Latein mehr sprach kam es zu einem Missverständnis. Das geheimnisvolle „Hoc es enim corpus meus“, was soviel wie „Das ist mein Leib“ bedeutet, verstanden nur noch wenige Gelehrte der Zeit. Für den Rest blieb das Geschehen unverständlich und man raunte einander zu, dass der Priester nun wieder sein „hokus pokus“ (von „hoc es corpus“) veranstaltete. So mysteriös wie die Worte waren, so blieb die Bedeutung des Abendmahls oftmals ebenfalls wenig zugänglich.


Was passiert im Abendmahl?

Was bedeutet es dir persönlich?

Obwohl ich christlich und kirchlich sozialisiert wurde, konnte ich lange nicht sehr viel mit dem Abendmahl anfangen.

In den vergangenen Jahren hat sich das verändert und das Abendmahl ist für mich zu einem Ort geworden, vielleicht zu dem wichtigsten Ort meiner Woche. Ein Ort, an dem ich so kommen kann, wie ich bin. Mit allem Frust, aller Trauer, allem Schmerz, aber auch allem Guten und Schönen der Woche. Ich darf mit meinem Egoismus, meinen Ängsten, meiner Sünde kommen und Jesus lädt mich ein. Er ist der Gastgeber, der mir Brot und Wein gibt. So real, wie ich das Brot und den Wein anfassen und schmecken kann, so real ist die Begegnung mit diesem Jesus. Einem, der alles für mich gegeben hat und weiterhin großzügig gibt. Es ist ein Ort, an dem ich Woche vor Woche Vergebung, Annahme, Trost, Gnade und Ermutigung erlebe. Ich komme mit einem Berg an Gefühlen und Gedanken und gehe oft befreiter weg. Es ist ein Ort, der mich an meinen Wert und meine Würde erinnert, an dem ich gesehen werde und gleichzeitig von mir weg blicken kann. Es ist ein Ort, der mich aus dem Strudel meines Beschäftigtseins reißt und mich erinnert, auf was es im Kern ankommt. Es ist der Ort, an dem mir deutlich wird, dass wir als Kirche als Individuen zusammengehören und ein verbundener Organismus sind, der von Gott beseelt wird. Es ist ein Ort, an dem ich Jesus begegnen kann. Das ist geht auch an anderen Orten, aber das Abendmahl ist wie seine Heimatadresse. Dort kann ich sicher sein, dass ich ihn auf jeden Fall antreffen kann.


Für mich sind es Woche für Woche Worte voll Lebens, wenn wir vor dem Abendmahl aussprechen: „Kommt, seht und schmecket, wie freundlich und voller Güte Jesus hier und jetzt für dich ist.“

„Erinnert euch daran, was ich für euch getan habe.“


Zum Abendmahl bin ich eingeladen. Eingeladen zu empfangen. Ich bringe nichts mit, was es dafür braucht und darf trotzdem beschenkt und gesegnet gehen.

Liedempfehlung "In Wein und Brot“ von Kris Madarasz

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