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#2 "Hey Hagar, fürchte dich nicht."

Autorenbild: fraeulein_franzifraeulein_franzi

Genesis 21: 17 „Aber Gott hörte den Jungen schreien. Der Engel Gottes rief Hagar vom Himmel herab zu: „Warum weinst du, Hagar? Fürchte dich nicht – Gott hat das Schreien des Jungen dort unter dem Strauch gehört!“

„Warum ich weine? Mein Kind stirbt verdammt noch mal gerade.“


Die Angst, die Verzweiflung und den Schmerz dieser Situation in Worte zu fassen kann kaum drastisch genug ausgedrückt werden. Hagars Geschichte ist eigentlich eine tragische - und doch auch gleichermaßen faszinierend wie befremdend. Ihre Geschichte ereignet sich zwar vor tausenden von Jahren und findet dennoch seither tausendfach ihre Wiederholung. Sie wird als Sklavin in die Fremde verkauft, missbraucht und ausgebeutet. Harte Arbeit, Einsamkeit und Fremde bestimmen ihren Alltag. Das Schicksal meint es an einer Stelle scheinbar gut mir ihr, da sie aufgrund der Unfruchtbarkeit ihrer Herrin als würdig erachtet wird, dieser in ihrer unglücklichen Lage zu helfen. Aus heutiger Zeit kaum eine nachvollziehbare Ehre, für Hagar ein möglicher sozialer Aufstieg und Hoffnung auf ein besseres Leben.


Doch so einfach ist das Leben nicht. Sie erlebt Demütigung und Ungerechtigkeit. Sie läuft weg und verirrt sich in der ihr fremden Welt. Sie strauchelt in der Wüste, verliert die Perspektive und ist ohne jeglichen Plan, was sie machen soll.


Auch wenn Hagars reale Bedrohung für viele von uns fremd sein mag, so ist das Gefühl des Herumirrens in einer "fremden" Welt doch eine nachvollziehbare Erfahrung.


In diesem nebulösen Umherirren begegnet ihr Gott und spricht sie an: „Hagar, woher kommst du und wohin gehst du?“


Es ist die Frage Gottes, die uns auch heute in unserem Umherrennen anhält. Sie bricht in mein Heute und hält mich an: „Franzi, woher kommst du gerade und wohin gehst du?“


Hagar sieht keinen Anlass darin nicht die Wahrheit zu sagen. „Ich bin meiner Herrin davongelaufen.“


Hagar bekommt von Gott den Auftrag wieder zurückzukehren und er gibt ihr das Versprechen, dass er einen guten Plan für sie hat. Er verspricht ihr, dass er ihren Sohn segnen wird und dass ihr Hilfeschrei von Gott gehört wird. Hagar verleiht dieser Gottesbegegnung Worte - „Habe ich wirklich den gesehen, der mich sieht?“ und gibt diesem Gott einen Namen: „Du bist der Gott, der mich sieht!“.


Der Gott, der dich sieht. Eine Erkenntnis, die Angst vertreibt. Momente, in denen Angst weicht.


Hagar kehrt ermutigt in ihren Alltag zurück. Sie wird wieder Dienerin ihrer Herrin und bringt einen Sohn zur Welt, der ihre Stellung im Haus sichern wird. Irgendwie ist das Projekt dennoch zum Scheitern verurteilt, als die Herrin irgendwann selbst ein Kind bekommt. Sie fühlt sich durch die Anwesenheit ihrer Sklavin und deren Sohn bedroht und setzt sich durch, dass Hagar weggeschickt wird - dieses Mal mit ihrem kleinen Sohn.


Hagar irrt also erneut durch die Wüste, verzweifelt auf der Suche nach Wasser. Sie verläuft sich. War sie nicht schonmal an dem gleichen Punkt? Es sind Jahre vergangen und sie findet sie sich in der gleichen Situation wiede. Erlebt aufs Neue Angst. Nicht nur Angst um sich, sondern Angst um ihr Kind. Als ihr Kind am Verdursten ist, gibt Hagar auf. Das eigene Kind verdursten, leiden und sterben zu sehen, ist ein unzumutbares Leid. Von Gott gesehen? Ein Relikt vergangener Tage. Das Gefühl, dass alles Gute, jeder letzte Lebenswille und jede verbliebene Hoffnung, zu einem einzigen Scherbenhaufen zusammenbricht, lässt sie verzweifeln. Voller Angst weint sie.


Und dann ist da Gott, der sagt: „Fürchte dich nicht.“


In ihrer aussichtlosen Situation wird sie gesehen. Für Gott war sie sichtbar geblieben, auch wenn er aus ihrem Blick verschwunden war. Gott hatte Hagar ein Versprechen gegeben und hatte auch immer noch vor, es einzulösen. In dieser Situation gibt es realen Trost, der ihr die Angst nimmt. Gottes „Fürchte dich nicht“ zu Hagar ist eine Erinnerung an sein Versprechen. An sein Versprechen da zu sein, für sie zu sein und mit ihr zu sein.


Gott kann zu Hagar sagen, dass sie keine Angst haben muss, weil er alles tun kann, um der realen Bedrohung ein Ende zu setzen. Gottes „Fürchte dich nicht“ ist keine tätschelnde Geste, dass es nichts Bedrohliches gäbe. Es ist die kraftvolle Erinnerung, dass Gott inmitten der realen Bedrohung der Mächtige bleibt. Und so zeigt er ihr an Ort und Stelle inmitten der Wüste einen Brunnen mit Wasser, so dass ihr Kind in dem Moment auf natürliche Art und Weise nicht verdursten muss.


Gott zeigt Hagar in ihrer realen Bedrohung und ihrer aussichtslosen Situation einen Weg.


Er bleibt der Gott, der sie sieht.


Man erfährt nicht, wie Hagars Weg weitergegangen ist und ob ihr Leben ein Happy End hatte. Irgendwie wär das doch schön. Wahrscheinlicher ist, dass es noch viele Höhen und Tiefen gab und sie vielleicht noch viele Male erfahren musste, dass Gott der Gott bleibt, der sie sieht.

Du bist der Gott, der mich sieht.

In welcher aussichtslosen Situation brauchst du gerade die Erinnerung, dass es einen Gott gibt, der dich sieht?


In welcher angstbesetzten Situation fühlst du dich gerade nicht gesehen?

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